
Bodensee ↣ Gardasee
Tom Schilling
Alpen 2024
Für meine Mutter
Impressum
Auflage September 2024
© Tom Schilling, Dresden, Deutschland
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gedruckt im Selbstverlag
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Inhalt
- Vorbereitung
- Anreise
- Lindau → Schneiderkopf
- Schneiderkopf → Bregenzer Hütte
- Bregenzer Hütte → Freschenhaus
- Freschenhaus → Damüls
- Damüls → Biberacher Hütte
- Biberacher Hütte → Göppinger Hütte
- Göppinger Hütte → Freiburger Hütte
- Freiburger Hütte → Camping Klösterle
- Klösterle → Neue Reutlinger Hütte → Klösterle
- Klösterle → Ischgl
- Ischgl
- Ischgl → Heidelberger Hütte
- Heidelberger Hütte → Sur En
- Sur En → Sesvennahütte
- Sesvennahütte → Müstair
- Müstair
- Müstair → Stilfs Dorf
- Stilfs Dorf → Sulden
- Sulden → Zufallhütte.
- Zufallhütte → Rifugio Dorigoni
- Rifugio Dorigoni → Malé
- Malé
- Malé → Bivacco "Mario Gregori" al Mezol
- Bivacco "Mario Gregori" al Mezol → Bivacco Malga Tuena
- Malga Tuena → Rifugio Tuckett
- Rifugio Tuckett → Rifugio Al Brentei.
- Rifugio Al Brentai → Rifugio Silvio Agostini
- Rifugio Silvio Agostino → Ponte Arche
- Ponte Arche
- Ponte Arche → Rifugio San Pietro
- Rifugio San Pietro → Riva del Garda
- Riva del Garda
- Riva del Garda → Verona
- Verona
- Rückflug


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2024 Alpenüberquerung vom Bodensee zum Gardasee
L 410 km, H 24.000 m, R 24.000 m, O 3123 m, U 65 m, Z ca. 30 Tage
Inhalt
- Vorbereitung
- Anreise
- Lindau → Schneiderkopf
- Schneiderkopf → Bregenzer Hütte
- Bregenzer Hütte → Freschenhaus
- Freschenhaus → Damüls
- Damüls → Biberacher Hütte
- Biberacher Hütte → Göppinger Hütte
- Göppinger Hütte → Freiburger Hütte
- Freiburger Hütte → Camping Klösterle
- Klösterle → Neue Reutlinger Hütte → Klösterle
- Klösterle → Ischgl
- Ischgl
- Ischgl → Heidelberger Hütte
- Heidelberger Hütte → Sur En
- Sur En → Sesvennahütte
- Sesvennahütte → Müstair
- Müstair
- Müstair → Stilfs Dorf
- Stilfs Dorf → Sulden
- Sulden → Zufallhütte.
- Zufallhütte → Rifugio Dorigoni
- Rifugio Dorigoni → Malé
- Malé
- Malé → Bivacco "Mario Gregori" al Mezol
- Bivacco "Mario Gregori" al Mezol → Bivacco Malga Tuena
- Malga Tuena → Rifugio Tuckett
- Rifugio Tuckett → Rifugio Al Brentei.
- Rifugio Al Brentai → Rifugio Silvio Agostini
- Rifugio Silvio Agostino → Ponte Arche
- Ponte Arche
- Ponte Arche → Rifugio San Pietro
- Rifugio San Pietro → Riva del Garda
- Riva del Garda
- Riva del Garda → Verona
- Verona
- Rückflug
Vorbereitung
Daß ich dieses Jahr wieder über die Alpen will, stand schon letztes Jahr fest, als ich mir gleich beide Neuerscheinungen des Rother-Verlags gekauft hatte. Letztes Jahr war der L1 dran, dieses Jahr also Bodensee - Gardasee von Bettina Forst. An beiden Seen war ich noch nicht. 2021 hätte ich es mit dem Ostweg fast geschafft, an den touristenfreien Bodensee zu kommen, habe aber vorher abgebrochen.
Ende Mai/Anfang Juni kam es zu starken Regenfällen in Süddeutschland, die ein Donauhochwasser und einen höheren Pegel des Bodensees verursachten. Meine erste Übernachtung sollte eigentlich am Ufer des Bodensees auf einem Zeltplatz stattfinden. Hoffentlich gibt es da noch ein trockenes Plätzchen. Schlimmer ist, daß die Bergpässe wieder mit viel Schnee versorgt wurden. Ich werde sehen, wie mich das behindert.
Hin fahre ich mit dem 49 € Ticket. Wohl ebenfalls als Folge des Hochwassers hat die Bahn meine Zugverbindung in der App storniert und ist seit Tagen nicht in der Lage, mir eine Alternative anzubieten. Details, etwa die Stelle, wo das Problem liegt, erfahre ich in der App nicht. Auf der Webseite ist nur eine Meldung zu außergewöhnlich hohem Reisendenaufkommen zwischen Augsburg und Lindau zu sehen. Na, ich lasse es drauf ankommen.

Anreise
K km 6, L 6 km, H 10 m, R 10 m, U 395 m, O 405 m
Die Zugfahrt war glücklicherweise unspektakulär. Ab Hof fuhr ich in Neigetechnik-Zügen, die auf der teils eingleisigen Strecke ein wenig Motorrad-Feeling erzeugten. Die Verspätungen waren gering, so daß ich alle Verbindungen geschafft habe. 17 Uhr stehe ich auf der Insel Lindau.

Ich gehe zum Ende der Insel, mache in paar Fotos vom vollen Bodensee, fülle eine kleine Flasche mit Bodenseewasser, die ich bis zum Gardasee tragen will, und starte die Wanderung.

Über die Brücke verlasse ich die Insel und wandere am Ufer entlang Richtung Bregenz. Teilweise ist der Uferweg überflutet, so daß ich einige male umdrehen und mir was Trockeneres suchen muß.


Bodensee mit Paddlern
Die Badestelle sieht nicht einladend genug aus.
Ziel ist der 4 Kilometer entfernte Zeltplatz an der Grenze zu Österreich. Der ist voller Wohnmobile, aber auf den Zeltwiesen ist noch genug frei. Ich hole mir im Lidl zwei kleine Bier und mache am überfluteten Strand Abendbrot. Nach dem Duschen schlafe ich schnell ein.

Lindau ↣ Schneiderkopf
K km 28, L 22 km, H 610 m, R 40 m, U 400 m, O 980 m
Nachts regnet es. Am Morgen reicht mir ein halber Liter Joghurt, ohne Kaffee. Ich komme um neun los, muß mich aber bald unterstellen und ein schweres Gewitter abwarten. Über den Bergen hängen schwarze Wolken.


Karte mit echtem Seewasser
Mehr Wasser von oben
Der erste Aufstieg der Tour auf den Pfänder ist offensichtlich zum Eingewöhnen gedacht und eher als Abstecher von der Route angelegt. Ich ignoriere ihn und gehe weiter am Ufer des Bodensees entlang. Einige Male muß ich umdrehen, weil der Weg überflutet ist. Auch den Aufstieg zur Burg Hohenbregenz spare ich mir und umgehe den Berg. Meinen ersten Höhenmeter mache ich erst nach der Bregenzer Ache.


Grillplatz, ich bin immer noch nicht in Badestimmung.
Kletterturm
Die schwarze Wolkenwand weicht während des Aufstiegs zurück und macht manchmal sogar Sonnenschein platz. Am Ippach Brünnle fülle ich die Wasserflaschen voll, damit ich am Abend kochen kann. Mein Ziel für heute ist der Schneiderkopf. In dem großen Waldstück hoffe ich, einen Übernachtungsplatz zu finden.

Am Sattel zwischen den beiden Gipfeln angekommen, ist es brütend heiß. Ich stelle meinen Rucksack ab und sehe mir erst den kleineren Gipfel an, dann den großen. Ich weiß, daß es in der Nacht gewittern soll, ist da ein Platz direkt neben einem Stromleitungsmast sicherer, oder einer im Wald? Ich entscheide mich für eine schöne kleine Lichtung im Wald. In der Mitte gibt es einen ebenen Fleck Moos und die Bäume stehen rundum so weit entfernt, daß sie mich nicht mit Zapfen oder Ästen bewerfen. Mein weißes Zelt ist weithin zu sehen, aber es kommt niemand vorbei.

Wenn ich den Außenzelteingang offenlasse, zieht der helle Zelthimmel Insekten an, die nicht wieder hinausfinden. Nach 20 Minuten summten schon 30 Fliegen zwischen Innen- und Außenzelt, aber auch ein Glühwürmchen war da gefangen, das später im Dunklen ab und zu Licht anmachte.
Schneiderkopf ↣ Bregenzer Hütte
K km 46, L 18 km, H 1070 m, R 750 m, U 721 m, O 1460 m
Das Gewitter tobt von 22 bis 4 Uhr. Zwei Einschläge sind sehr nahe, ich komme die ganze Zeit nicht zum Schlafen.
Vor dem Aufstehen koche ich Kaffee. Die Fliegen über mir waren nachts ruhig und beginnen erst bei Tagesanbruch erneut mit ihrem Gesumm. Es sind vier riesige Exemplare dazugekommen, die ordentlich Lärm machen. Beim Zeltabbau entlasse ich sie wieder in die Natur. Es ist keiner Fliege auch nur ein Haar gekrümmt worden!

In Alberschwende, dem Ziel der Etappe 2 des Wanderführers, setze ich mich unter die uralte Linde, die von vielen Gurten zusammengehalten wird, und mache eine Pause. Außerhalb des Waldes ist es brütend heiß. Die Luft ist diesig und die Fernsicht nicht besonders. An einigen Ausblicken sieht man schneebedeckte Berge.

Die Hitze und meine Untrainiertheit machen mir zu schaffen, ich lege häufig Pausen ein. Glücklicherweise verschwindet der Weg nach steilem Aufstieg über eine logischerweise schattenlose Skipiste wieder im Wald. Wasserquellen gibt es genug.

Erst 16:30 Uhr stehe ich auf dem Hochälpele, von dem ich zu meinem Etappenziel, der Bregenzer Hütte, noch zwei Stunden brauche. Der Weg ist sehr sumpfig. Man hat versucht, den Weg mit Holzbohlen gangbarer zu machen, auf deren Oberseite ein Netz aus Stahldraht genagelt wurde. Dort ist er sehr griffig. An anderen Stellen liegen blanke Holzscheiben auf dem Weg, die sehr rutschig sind.

Die drei Zimmer der Bregenzer Hütte sind leider schon belegt, eines von einem Sänger, der hier auftritt. Ich habe die Wahl, ob ich ein Notlager draußen unter der aufgespannten Plane oder in der Gaststube haben will. Ich wähle die Gaststube, denn draußen fliegen Unmassen kleiner Fliegen herum. Auch zu essen bekomme ich noch was. Ich unterhalte mich am Abend lange mit der Geburtstagsgesellschaft, die die Hütte belegt, und bekomme viele Vorschußlorbeeren für die geplante Wanderung.
Matt Boroff, der Sänger, der das eine Zimmer belegt, hat morgen seinen offiziellen Auftritt und will am Abend nur mal einen kurzen Soundcheck machen. Letztendlich spielt er vor uns das volle Programm. Es sind mit rauchiger Stimme vorgetragene Zustandsbeschreibungen, mit viel Gefühl und ohne viel Handlung in den Songs. Bei mir hat er es damit schwer, denn ich mag gut erzählte Geschichten. Meine Vorliebe für Art Brut, Courtney Barnett, Kate Nash oder auch Taylor Swift kommt vermutlich daher.

Bregenzer Hütte ↣ Freschenhaus
K km 62, L 16 km, H 1180 m, R 630 m, U 1250 m, O 2004 m

Am Morgen scheint wieder die Sonne, aber es liegt ein leichter Dunst in der Luft, der die Fernsicht eintrübt. Der Bodensee ist häufig zu erkennen, doch für ein schönes Foto reicht es nicht. Der schattige Wald reicht bis zur Obersehrenalpe, an der ich mir eine Cola gönne. Danach geht der Weg über unglaublich bunte Wiesen zum Grat. Der Hohe Freschen, den mir schon am Vortag ein Radler gezeigt hatte, liegt noch weit entfernt. Ich halte mich deshalb nicht mit Gipfelbesteigungen auf, sondern sehe zu, daß ich auf dem Pfad vorankomme. Die Aussicht ist auch da sehr schön.

Es bläst ein starker Wind, so daß mir das Festhalten des Hutes an jedem Sattel zu mühsam wird und ich auf Kopftuch umsteige. Mir ist etwas mulmig bei dem Gedanken, bei so einem Wind den Binnelgrat überqueren zu müssen, eine hundert Meter lange ausgesetzte Stelle. Mein Rucksack mit außen befestigter Isomatte und Regenschutz drüber fängt den Wind gut ein. Manche haben mir schon "Guten Flug!" gewünscht, weil sie mich für einen Gleitschirmflieger gehalten haben. Einen Ausfallschritt bei einer Windböe kann ich mir auf dem Grat nicht leisten. Ich erwäge, vor dem Grat zu biwakieren, und sehe mir die Gegend auf windgeschützte Stellen für mein Zelt an.


Blindschleiche frißt Schnecke
Die Häuser sind nicht für die Ewigkeit gebaut.
Am Grat angekommen, habe ich unglaubliches Glück, daß der ganze Wind vom Freschen abgeschirmt wird. Ich komme ohne Probleme über die kritische Stelle.

Bei der Kraxelei auf die Spitze überlege ich noch, wie schwierig es wird, da wieder herunterzukommen. Aber dann, Überraschung!, die andere Seite ist ein Hochplateau. Der Weg zum Freschenhaus ist einfach zu gehen. Bis dahin erwischt mich doch noch der Regen. 18:40 Uhr bin ich da.

Das Freschenhaus ist voll belegt, ich bekomme nur noch einen Platz im Winterraum bei "zwei Mädels mit Hund", wie die Wirtin meint. Die beiden stammen aus der Gegend und können mir viel über die Hütten erzählen. Sie wollten eigentlich dieses Jahr den Nordteil der GTA gehen (den Rest kannten sie schon), haben das aber wegen zu viel Schnee verschoben. Der Hund ist ein riesiger Abruzzen-Hütehund, der mich nicht mag.

Freschenhaus ↣ Damüls
K km 74, L 12 km, H 450 m, R 790 m, O 2010 m, U 1410 m


Ah, ein Kreuz!
Ah, ein Wegweiser!
Am Morgen ist alles von undurchdringlichem Nebel bedeckt. Ich laufe in meiner Sichtblase, ohne zu wissen, was über und unter mir ist. Die Hohe Matona als Aussichtspunkt lasse ich deshalb gleich aus. Zwischen Portlafürkele und Portlahorn gehe ich auf einem schmalen Grat, der dicht mit Blumen und Büschen bewachsen ist. Der Nebel reißt etwas auf, so daß ich den kleinen See unterhalb erkennen kann. Alles sehr hübsch!


Portlahorn
Blauer See, die beiden leicht bekleideten Mädels wollten da hin.
Kurz vor dem Ort schaue ich mir das Hotelangebot von Damüls an. Eines sticht heraus, das Hotel Lucia, weil es nur den halben Preis der anderen verlangt. Das nehme ich. Ich wasche Wäsche und bleibe am Abend wieder mal beim Fernsehprogramm hängen. Es kommt Mord im Paradies und ein Wettbewerb im Klettern in Innsbruck. Besonders der Kurs der Damen hat eine unfaire Sprung-Stelle eingebaut, an der viele abtropfen. Ich kann meinen Rückstand im Blog schreiben nicht aufholen.

Damüls ↣ Biberacher Hütte
K km 83, L 9 km, H 940 m, R 90 m, U 910 m, O 1846 m
Am Morgen trommelt Regen auf Blechdächer. Ich hatte den Wecker für das Frühstück um 7:30 Uhr gestellt und kann mir nun Zeit lassen. Während des Frühstücks fühle ich mich schlapp und bekomme kaum einen Bissen hinter. Der Wetterbericht sagt zwar nicht mehr den ursprünglich angesagten tagelangen Starkregen voraus, sondern nur noch durchgängig geringen Niederschlag. Fest hänge ich hier also erst mal nicht, aber ich überlege, die Etappe zu teilen oder abzukürzen. Auf jeden Fall will ich ein Stück der Schlechtwettervariante 6V gehen. Die Übernachtungspreise in Buchboden, was auf der Hälfte der Strecke liegt, betragen etwa 150 €, also entscheide ich mich für Bus bis dahin, um den zweiten Teil der Etappe bis zur Biberacher Hütte zu wandern.
Natürlich übersehe ich, daß der Bus von Sonntag (so heißt der Ort) nach Buchboden zwar Abfahrtszeiten auf dem Fahrplan hat, aber ein Rufbus ist, der explizit per Telefon bestellt werden muß. Das Ticket kaufe ich in der Touristeninfo für die volle Strecke, ohne daß man das erwähnt. Erst der Fahrer des ersten Busses weist mich beim Aussteigen in Sonntag darauf hin. Ich rufe an und muß nicht lange warten, bis ich als Einziger nach Buchboden gefahren werde.


Holztiere
Tiere aus Fleisch und Blut
Gleich hinter Buchboden hat der Lutzbach eine enge Klamm geformt, die Kessi-Schlucht, wo viel Wasser hindurchschießt. Schön anzusehen, solange man nicht von der rutschigen Kante fällt.

Ab da geht es einfach nur 900 Meter stetig bergauf. Meine Kondition hat sich schon deutlich verbessert, so daß ich nur zwei Pausen brauche. Knapp vor der Biberacher Hütte treffe ich die beiden Mädels mit dem Hütehund wieder. Sie wollen in der Hütte was essen und danach wieder absteigen.

Für die Nacht habe ich in einem großen Schlafsaal eine Zweierbuchte für mich. Am Abendbrottisch sitze ich mit einer 4er Damenrunde aus Köln, einem Paar aus Bad Urach und Thomas, dem LKW-Fahrer zusammen. Wir unterhalten uns angeregt bis zur Hüttenruhe. Als dann gesungen wird, stehle ich mich davon. An Blog schreiben ist nicht zu denken.

Die meisten Wanderer auf der Hütte gehen den Lechquellenweg entgegen des Uhrzeigersinns, so daß ich vielen von Ihnen auf den nächsten Hütten wiederbegegnen werde. Nur die Kölner beenden ihre Tour morgen.
Biberacher Hütte ↣ Göppinger Hütte
K km 93, L 10 km, H 900 m, R 500 m, U 1378 m, O 2245 m
Die heutige Etappe 7 des Wanderführers ist eine schwarze Etappe, die wegen großen Schneefeldern an der Braunarlspitze dieses Jahr noch nicht machbar ist. Mir und allen Lechquellenrundengehern bleibt die Variante 7V, die erst weit absteigt und dann stetig ansteigend bis auf 2250 Meter geht.

Die ersten Murmeltiere, die ich dieses Jahr sehe, haben eine weite Fluchtdistanz. Der schmale Weg ist einige Male von Kühen blockiert, die keine Anstalten machen, den Weg freizugeben. Einmal drücke ich mich zwischen Felswand und der Flanke einer Kuh und einmal am spitzen Horn eines zotteligen Galloway-Rinds vorbei. Mit einer Kopfdrehung hätte es mich leicht aufspießen können.


Das erste Murmeltier dieses Jahr
Galloway-Rinder
Der Weg ist sehr matschig und braucht deshalb viel Zeit und Aufmerksamkeit. Zweimal, als gerade die Sonne herauskommt, lege ich mich auf die Wiese und döse ein wenig. Auch ein Fußbad im Bach gönne ich mir.

Die ersten kleinen Schneefelder sind zu queren. Der Gamsboden ist ein wunderschöner Kessel vor dem letzten Anstieg zur Göppinger Hütte. Ich hole die Panoramakamera heraus.

Auf der Hütte komme ich diesmal in einem 4-Bett-Zimmer unter, wo zwei Betten von einem Paar belegt sind, die das erste Mal eine Langstreckenwanderung unternehmen. Meine mir vom Hüttenwirt zugeteilten Sitznachbarn für das Abendessen, ein Mädchen, das mal auf der Hütte gearbeitet hat, und eine Abfahrtslauf-Managerin, sind mit sich selbst beschäftigt, so daß ich zeitig vom Tisch aufstehe und tatsächlich etwas zum Blog schreiben komme. Allerdings schlafe ich darüber ein. Auch gut.

Göppinger Hütte ↣ Freiburger Hütte
K km 105, L 12 km, H 430 m, R 760 m, O 2245 m, U 1560 m
Nachts regnet es, wie bisher jede Nacht. Ich bin wieder gut ohne Ohrstöpsel ausgekommen. Nach der Morgenroutine aus Frühstück und Packen mache ich mich allein bei leichtem Nieselregen auf den Weg. Wie bei den beiden Tagen zuvor ist die im Wanderführer beschriebene Streckenführung durch große Schneefelder noch schwer zu gehen. Mit allen anderen, die die Lechquellenrunde wandern, gehe ich die Variante über das Älple und entlang der Lech.
Der Abstieg ist einfach, nur einige kleine Schneefelder liegen auf dem Weg. Die meisten umgehe ich ohne Mühe und kürze dabei manchmal sogar Strecke ab.


Weg entlang der Lech
Markierung des Lechquellenwegs
Der Weg entlang der Lech ist phantastisch ausgebaut, mit vielen Holzkonstruktionen, Brücken und Bänken, sogar einer Bank auf einer Brücke. Die Lech und einige ihrer Zuflüsse rauschen unter mir vorbei. An einer Stelle ist das Wasser einer Quelle direkt zum Holzbohlensteg geleitet. Ich tanke sehr komfortabel Wasser.

Ab dem Weidegelände wird der Weg lehmiger und beschwerlicher. Das letzte Stück bis zum Formarinsee wechsle ich auf die Asphaltstraße, weil ich des Schlamms überdrüssig bin. Weiter gehe ich den Weg "für geübte" im Uhrzeigersinn um den See zur in einer Scharte thronenden Freiburger Hütte. Das Schwierige am Weg sind nicht die mit Stahlseilen abgesicherten Stellen, sondern die matschigen ausgesetzten Abschnitte davor und danach.

Ich komme im Lager unter und sitze den Abend noch mit den Schwaben am Tisch, die ich seit Tagen auf jeder Hütte treffe.

Freiburger Hütte ↣ Camping Klösterle
K km 124, L 19 km, H 450 m, R 1300 m, O 2100 m, U 1072 m

Gestern Abend erwies sich, daß auch die heutige Etappe des Rother-Führers nicht machbar ist, weil nach dem Gehrengrat im steilen Abstieg noch große Schneefelder liegen. Bleibt die Alternative, einen Teil des gestrigen Weges wieder zurückzugehen, um entlang des Spullerbachs zum Spullersee zu kommen.
Um wenigstens etwas Neues zu sehen, beschließen einige der Schwaben den Abstecher durch das Steinerne Meer mitzunehmen. Das ist ein Gebiet mit durch Eisen rosa gefärbtem stark verwittertem Kalkstein. Ich schließe mich der Gruppe an. Das Steinerne Meer sieht phantastisch aus!

Auch die beiden Bäche haben viele schöne Stellen. Wir machen am tosenden Wasserfall der Lech kurz Rast. Die beiden Frauen haben großes botanisches Wissen und zeigen mir zum Beispiel, wie Enzian aussieht. Habe ich in der Natur schon häufig gesehen, wußte ich aber nicht, was es ist. Den Schnaps kannte ich natürlich und daß man dafür Wurzeln ausgräbt.


Auf der Staumauer des Spullersees trennen sich unsere Wege, ich gehe allein Richtung Klösterle, die anderen zur Ravensburger Hütte.


Der Abstieg vom Stausee geht anfangs durch ein steiles, enges Tal. An einer Stelle entspringt ein kompletter Bach aus dem Wiesenboden.


In Sichtweite von Klösterle beginne ich mit der Suche nach einer Unterkunft. Booking.com zeigt nur ein Hotel an, das mir zu teuer ist. Ich sehe mir noch die Webseiten von 2 Pensionen an, die beide voll sind. Dann reicht mir der Cookie- und Script-Terror und ich gehe zum Zeltplatz.
Neben vielen Dauercampmobilen, in denen niemand anwesend ist, baue ich mein Zelt auf. Der Platzwart gibt mir den Tip, daß ich mit der Gästekarte kostenlos das Freibad besuchen kann. Es ist mittlerweile 19 Uhr und der Himmel ist bewölkt, als ich dort ankomme. Der Betreiber der Bar sieht mich mit großen Augen an, als ich ihn frage, ob ich baden kann. Auf eigene Verantwortung! Das Bad ist sehr erfrischend, ein Höhepunkt des Tages!!

Vom Campingwart bekomme ich noch ein Bier und ich mache mir das zweite meiner indischen Fertiggerichte warm, Bombay Biryani, Reis mit Gemüse, wesentlich leckerer, als was man von Onkel Ben bekommt. Das sollte eigentlich gleich zu Beginn der Tour drankommen und nicht eine Woche durch das Gebirge geschleppt werden. 300 Gramm weniger!
22 Uhr beginnt es zu regnen. Morgen soll die Sonne scheinen, also werde ich meinen für hier eingeplanten Ruhetag noch aufsparen und lieber in die Verwall-Gruppe aufbrechen.
Klösterle ↣ Neue Reutlinger Hütte ↣ Klösterle
K km 142, L 18 km, H 1360 m, R 1360 m, U 1072 m, O 2395 m
Obwohl der Campingplatz vom Eingang her besehen nicht viel hermacht (drei Reihen schattenlose Stellplätze, davon die Hälfte belegt mit den Wagenburgen von Dauercampern), ist der Sanitärbereich eine Wucht. Alles Marmor und teure Armaturen, dazu Dusche und Waschbecken mit Warmwasser ohne Extrakosten. Die Betreiber sind nett und für die Bedürfnisse von Wanderern aufgeschlossen.
Ich komme erst 10 Uhr los. Weil für morgen Nachmittag schon wieder Regen angesagt ist, will ich bis zur Konstanzer Hütte kommen, um morgen bis zum Regen das 2636 Meter hohe Schafbichljoch hinter mir zu haben. Eine Alternative wäre gewesen, die Regenfront im Winterraum der Neuen Reutlinger Hütte auszusitzen. Ich weiß nicht, ob ich auch für den einen Hüttenschlüssel brauche. Weil die Zeit so fortgeschritten ist und das nicht meine Hauptvariante ist, verzichte ich darauf, bei der Touristeninfo vorbeizugehen und einen Schlüssel zu holen.

Ich nehme die Route über die Alpe Nenzigast und die Bettleralm, weil sie 200 Höhenmeter weniger hat. Das Verwall ist wesentlich untouristischer als das Lechquellengebirge. Der Weg ist gut, stetig ansteigend, aber zweimal muß ich meine Schuhe ausziehen, um den Nenzigastbach zu furten. Da hätte es im letzten Gebirge Brücken gegeben. Ich treffe außer dem Alm-Bauern, bei dem ich Käse kaufe, den ganzen Tag nur einen Menschen. Der erzählt mir, daß er von einem Gipfel zurückkommt und daß die Neue Reutlinger Hütte ohne Schneefeldquerungen zu erreichen wäre.
In Wirklichkeit muß ich lange über ein großes Schneefeld aufsteigen und über viele kleine. Alle nicht sehr steil, so daß sie problemlos zu gehen sind.

Die Neue Reutlinger Hütte erreiche ich 16 Uhr. Sie ist abgeschlossen, leider auch das Notlager. Zwischen Außen- und verschlossener Innen-Tür des Notlagers fände zur Not ein Mensch Schutz. Als Gruppe sollte man Streichhölzer mitnehmen. Ich würde anregen, den Betreibern der Neuen Reutlinger Hütte nur leere Feuerlöscher zu verkaufen, damit sie in der Not was haben, woran sie sich festhalten können.




Ich bin nicht in Not. Der Weg zur Konstanzer Hütte geht an der Südflanke der Plunspitze entlang, die deutlich steiler ist als mein bisheriges Gelände. Viele kleine Schneefelder bedecken den Weg. Schon das erste ist so steil und ausgesetzt, daß ich es nur zur Not queren würde. Eine Umgehungsmöglichkeit sehe ich auch nicht. Mir graut davor, daß ich nach einem Kilometer Hangquerung plötzlich auf eine unüberwindliche Stelle stoße und alles wieder zurück gehen muß.

So beschließe ich, wieder nach Klösterle abzusteigen. Zuerst kann ich meinen eigenen Spuren im Schnee folgen.



Damit ich noch was Neues sehe, wähle ich den Weg über die Satteinser Alpe. Der hält lange die Höhe, die man beim Blick auf den Stausee am gegenüberliegenden Hang schön abschätzen kann, ist danach aber schwieriger zu gehen als der Aufstieg. Auf Wiesenstücken fehlen Wegmarkierungen und lange Strecken Wiese und Wald sind stark versumpft. Ich versinke bis zur Oberkante meiner Schuhe. Dadurch brauche ich länger als die angegebenen drei Stunden und treffe erst kurz vor neun auf dem Zeltplatz ein, wo mich die Betreiber freudig begrüßen.

Ich bin knülle und baue mein Zelt an der gleichen Stelle wie gestern auf. Heute übernachten noch andere Camper hier. Wegen der angekündigten Regenfront buche ich mir für die nächsten zwei Tage ein Hotel in Ischgl und falle in einen erholsamen Schlaf.
Klösterle ↣ Ischgl
Wenn ich nicht zu Fuß über die Berge komme, dann eben mit Bus und Bahn. Ich nehme den Bus nach Langen, den Zug nach Landeck-Zams und den Bus nach Ischgl. Für den Zug will ich mir am Bahnhof eine Fahrkarte kaufen, aber der Automat nimmt maximal 10€ Scheine und ich hab nur 20€. Fluchend renne ich zum Zug, wo der Schaffner die letzte Tür für mich aufhält. Ich zeige ihm das Foto vom Automaten und zahle nur den normalen Preis.

Mittags bin ich da und darf auch sofort im Hotel 24 Steps einchecken. Im nahen MPreis kaufe ich alles Nötige für zwei Tage. Der Regen kann kommen.


Abends mache ich eine Runde durch den Ort. Es sind nur wenige Menschen unterwegs, denn es ist Fußball-EM und es spielt England gegen Schweiz. Ich komme auf den Prof. Mathias Schmid-Weg, der oberhalb des Ortes entlang führt, und sehe mir die ausgestellten Bilder an. Zuerst bin ich abgeschreckt vom Erklärtext unter jedem Bild, der mit "Dieser geniale Künstler …" beginnt. Gehts nicht eine Nummer kleiner? Dann gefallen mir einige doch ganz gut. Besonders "Die Karrenzieher" von l872.

Beim Rundgang entdecke ich die Reste von bäuerlichen Betrieben. Drei Wände sind mit den Erfolgen bei landwirtschaftlichen Ausstellungen tapeziert. Das wirkt irgendwie subversiv und trotzig inmitten der Hunderten Nobelhotels, aus denen der Ort ansonsten besteht. Ein Denkmal für die Vorreiterrolle bei der Verbreitung des Corona-Virus in Europa vermisse ich.



Ischgl
Schon gestern Abend fing es an zu tröpfeln, so daß ich von meinem nicht überdachten Balkon vertrieben wurde. Die Nacht regnet es durch. Ich frühstücke im Hotel zusammen nur mit vier Radfahrern, die sehnsüchtig auf das Ende des Regens warten. Wegen der geringen Personenzahl lohnt es sich nicht, ein Buffet aufzubauen, und die Radfahrer und ich bekommen jeder einen Ständer mit einer Auswahl an den Tisch gebracht.
Ich mache mir einen entspannten Ruhetag, wasche meine verschlammten Regensachen und bringe endlich den Reisebericht auf den aktuellen Stand. Abends scheint schon wieder die Sonne.
Ischgl ↣ Heidelberger Hütte
K km 156, L 14 km, H 920 m, R 10 m, U 1350 m, O 2264 m
Auch heute ist beim Frühstück nur für zwei Personen eingedeckt. Ist gerade nicht viel los. Der Hotelbetreiber rät mir, den Lyrik-Pfad zu nehmen, was ein sehr guter Tip ist. Im Speisesaal hängen viele Bilder von ihm neben Promis. Ich verkneife mir die Frage, ob er auch ein Selfie mit mir machen möchte, vielleicht werde ich ja auch noch berühmt. ;-)

Der Lyrikpfad hält wirklich einige nette Überraschungen parat. Schon das Raumschiff-Cabrio gefällt mir sehr gut. Ich drehe an jeder Kurbel und drücke jeden Knopf.





Die erste Rast mache ich am Ufer des Schwarzwasser Sees. Ich werfe ein kleines Stück Apfelgriebs ins Wasser und viele Fische schnappen danach. Ein Angler bringt sich nebenan in Stellung.

Ich nehme jede Alternative zur Straße, auch einen blauen Pfad, der rechts neben der Straße verläuft. Je weiter ich komme, desto zugewachsener wird er. Am Schluß kämpfe ich mich durch dichtes Gestrüpp auf die Straße.


Die meiste Zeit war der Fußweg knapp oberhalb der Bachböschung gut zu gehen,
erst die letzten 50 Meter waren übel.
Der Rest bis zur Hütte ist eine lange sanft ansteigende Schotterpiste. Man sieht die Hütte schon von weitem. Die Grenze zur Schweiz überschreite ich nahezu unbemerkt. Nur ein kleines Schild weist auf Zollformalitäten hin.


"Stein der Weisen", warum der wohl hier steht?
Die Grenze zur Schweiz. Ich habe nichts zu verzollen.
Ich bekomme einen Platz im Lager, zuerst zusammen mit zwei Schweizern. Für den einen ist es die 99. schweizer Hütte, auf der er übernachtet, der andere läuft die Via Alpina von Triest aus. Ansonsten bevölkern große Gruppen Radler die Hütte.

Zum Abendessen bestelle ich nur Bergsteigeressen, was der vegetarische Hauptgang ist: Polenta mit Broccoli. Durch die Soße schmeckt das sehr lecker. An dem mir zugewiesenen Tisch sitzt eine Dresdener Familie, die lieber unter sich bleibt und Karten spielt. Mit Yanick, dem Schweizer, der die Via Alpina wandert, vereinbare ich, daß wir morgen gemeinsam über den Fimberpaß gehen, den Höhepunkt der Etappe.
Heidelberger Hütte ↣ Sur En
K km 178, L 22 km, H 460 m, R 1610 m, O 2608 m, U 1110 m
Das Frühstück ist sein Geld wert. Es gibt alles, was es in einfachen Hotels auch gibt: verschiedene Brotsorten, herzhaftes Buffet, viele Marmeladenspender, Joghurt und Obstsalat und einen Automaten, der runde Butterscheiben herauspreßt. Zu allem Überfluß wird man vom Hüttenwirt noch ermuntert, sich Schnitten für den Weg zu schmieren.

Yanick und ich ziehen gemeinsam los, am Anfang begleitet von vielen Radfahrern, die ihre Räder über die Berge schleppen. Es gibt diesmal keine Schwierigkeiten mit Schneefeldern. Bis Sent gehen wir gemeinsam und haben uns viel zu erzählen.

In Sent mache ich die erste Pause des Tages und steige dann zum Zeltplatz Sur En ab. 15 Uhr bin ich da, 16 Uhr öffnet die Rezeption. Der Bereich rechts neben dem Eingang macht keinen guten Eindruck. Pralle Sonne, matschiger Platz und Wohnwagen mit meterhohem Maschendrahtzaun umgeben. Direkt am Ufer des kräftig angeschwollenen Flusses ist es mir zu laut. Später finde ich doch noch ein akzeptables Plätzchen zwischen den vielen Dauercamperburgen.


Zur Eröffnung der Rezeption stehe ich als zweiter in der Schlange und die Frau an der Anmeldung ist leider viel zu nett. Sie schwatzt eine Viertelstunde mit den beiden vor mir. Es ist ihr peinlich, als ich an der Reihe bin, und sie entschuldigt sich dafür. Ich kann von meinen 170 Gramm Franken Kleingeld fast alles zur Bezahlung verwenden und habe danach noch 4,80 Franken übrig, für die ich mir im Zeltplatzladen ein kleines BIO-Bier kaufe. Schmeckt gut.

Nach dem anfänglichen Frust ist der Zeltplatz ganz OK. Es gibt warmes Wasser, soviel man will und ich bekomme zur Begrüßung eine kleine Tafel Schweizer Schokolade geschenkt. Zum Abendessen gibt es etwas Abwaschintensives: Soße für Züricher Geschnetzeltes ohne Züricher Geschnetzeltes an Stampfkartoffeln. Oder vulgo: Kartoffelmus mit Soße.

Sur En ↣ Sesvennahütte
K km 192, L 14 km, H 1210 m, R 60 m, U 1110 m, O 2299 m
Ich schlafe sehr gut. Obwohl ich mich 7 Uhr wecken lasse, komme ich erst kurz vor 10 Uhr los. Das Tal der Uina, das ich heute den ganzen Tag nach oben steigen werde, beginnt gleich neben dem Zeltplatz. Schon bald laufe ich hoch über dem reißenden Fluß und habe schöne Ausblicke nach unten.

Ich mache an jeder Bank im Schatten Rast, um mich nicht vorzeitig zu verausgaben. Die Hitze des Tages ist gut zu ertragen, weil der Weg die meiste Zeit im Schatten des Waldes bleibt. Unterwegs treffe ich eine große Schulklasse, die mich bei einer Pause überholt und mir später entgegenkommt und einige Radler.

Oben verengt sich die Schlucht und man hat eine Galerie und zwei Tunnel in die Felswand gesprengt, in denen der Weg steil nach oben führt. Die Ausblicke sind phantastisch!




Am Ende der Schlucht öffnet sich das Tal zu einer riesigen Blumenwiese. Das Paradies vor der Entdeckung durch die Kühe! Viele Murmeltiere sitzen auf den Hügeln und winken mir zu. Auf einen Blick sehe ich etwa zwanzig von ihnen. Gepfiffen wird nicht, meine Ankunft ist anscheinend allgemein bekannt und muß nicht angekündigt werden.


Die Grenze wird dieses Mal durch ein hölzernes Drehkreuz markiert, daneben zwei Grenzsteine. Ich bin in Italien!

In der Sesvennahütte ist noch Platz für mich in einem Zimmer, das schon mit zwei Personen belegt ist. Ich nehme heute mal Halbpension und bekomme einen leckeren Begrüßungsschnaps.

Zum Abendessen setzen sich zwei Herren aus dem Allgäu zu mir, Helmut und Uwe. Wir fachsimpeln über Ausrüstung und anderes. Zum Schluß spielen wir noch ein Würfelspiel. Ich gewinne.

Sesvennahütte ↣ Müstair
K km 214, L 22 km, H 480 m, R 1500 m, O 2320 m, U 1200 m
Ich schlafe schlecht, weil das Zimmer viel zu warm ist. 6:15 Uhr wecken mich meine Zimmergenossen und ich schlappe zum Frühstück. Gegen 8 Uhr starte ich.


Rückblick zur Alten Pforzheimer Hütte und Sesvennahütte.
Man ist interessiert.
Laut Wanderführer verspricht die heutige Etappe 20 Kilometer dröge Wirtschaftswege. Das alles aktuell in brütender Hitze. Zwei kleine Änderungen sorgen dafür, daß es eine richtig gute Etappe wird. Die erste hatten Uwe und Helmut gestern vorgeschlagen. Statt den Forstweg abwärts gehe ich am See der Alten Pforzheimer Hütte vorbei aufwärts auf einen Höhenweg. Wenn nicht gerade Kühe in der Nähe sind, ist es dort wunderbar still. Der Weg hält lange die erreichte Höhe und bietet schöne Ausblicke auf das Tal. Die Gipfel der Ortlergruppe hängen wie eine Fototapete oder eine Projektion in der Luft, denn ich kann ihre Basis nicht erkennen.


Die andere Verbesserung ist die Variante Stundenweg. Statt nach Schleis und Laatsch abzusteigen, bleibt man auf dem Hang. Fast hätte man mich um das Vergnügen dieses Weges gebracht, denn am Beginn des Weges und auch noch mal zwischendrin stehen Schilder, daß der Weg wegen Steinschlaggefahr gesperrt ist. Ich gehe ein paar Schritte die Hauptroute, drehe aber doch noch mal um, und will wenigstens bis zur Problemstelle kommen.


Der Weg verläuft zuerst als zugewachsener Fahrweg wunderbar einsam im Wald, was bei der Hitze eine Wohltat ist. Später führt er als schmaler Fußpfad in offenes Gelände. Die Wiesen rechts und links stehen in voller Blüte und es gibt so viel zu schauen und zu riechen. Phantastisch!


Federgras
Ehrenpreis


An der Quelle bekomme ich klares kaltes Wasser und gehe den kurz vor der Quelle absteigenden Pfad in Serpentinen 100 Höhenmeter nach unten, bis er auf der Trasse eines ehemaligen Fahrwegs verläuft. Auch dieser Weg wandert sich sehr angenehm.


Die Quelle speist eine Tränke.
Der Abstiegsweg rechts ist anfangs kaum zu erahnen.
Eine unnormale Ansammlung von Steinen auf dem Weg habe ich nirgendwo bemerkt. Vielmehr ist der ganze Berg an vielen Stellen eine Geröllhalde. Baumpflanzungen oberhalb des Wegs schaffen es, das Geröll zu stoppen, so daß es nicht auf den Weg gelangt. Natürlich gibt es wie bei jedem Felsen, unter dem man durchgeht, ein Restrisiko, daß doch mal ein Stein herunterkommt. Ich garantiere deshalb für nichts.


Wieder auf der Hauptroute steigt der Weg nochmal 200 Meter an, um danach entlang eines Waals, eines kleinen Bewässerungskanals, bis nach Taufers zu führen. Ich kaufe im Supermarkt Joghurt für morgen, Weintrauben, und ein Bier für den Abend und durchquere den Ort Richtung Schweizer Grenze. Die Hotelpreise in Taufers sind mir zu teuer, deshalb will ich im ersten Ort nach der Grenze zelten.


Anders als im Gebirge gibt es hier noch eine Zollstation. Mit den Erfahrungen aus vielen Jahren DDR-Grenzkontrollen im Kopf bin ich gespannt auf die Fragen der Beamten, aber niemand sitzt im Kontrollhäuschen.

Der Camping Muglin hat eine große Zeltwiese, auf der ich mein Zelt aufbaue. Ich kann sogar mit zweien meiner abgelaufenen Franken-Scheine bezahlen. Das Camping-WLan reicht leider nicht bis zu meinem Zelt.

Das Gewitter am Abend beginnt mit heftigen Windböen. Obwohl beim Aufstellen des Zeltes Windstille herrschte, hatte ich es mit allen Leinen abgespannt. Nur die Klettbänder um die Stangen hatte ich nicht befestigt. Das Zelt steht trotzdem sehr stabil. Mehr Sorgen mache ich mir, etwas von den neben mir stehenden Autos abzubekommen. Ein großes Solarpaneel fliegt durch die Luft. Nach einer Stunde ist das Gewitter vorbei und ich schlafe die Nacht durch.
Müstair
Früh um sieben geht es wieder los. Ein Gewitter nach dem anderen donnert über den Zeltplatz. In einer Regenpause schaffe ich es, den Aufenthalt um einen Tag zu verlängern. Dafür gehen meine restlichen beiden alten Franken-Scheine drauf. Schön, wenn sich mal wieder was erledigt hat.
Das Zelt hält zwar den meisten Regen gut ab, trotzdem tropft es auch ab und zu im Zelt. Möglicherweise ist das Kondensat von der Innenseite des Zeltes, das durch Regentropfen abgeschleudert wird. Eine undichte Stelle gibt es auf jeden Fall: Die Aufhängung des Innenzeltes am Gestänge. Dort kommt jede Minute ein Tropfen herunter, der auf dem Innenzelt nicht ablaufen kann, weil es zu waagerecht ist. Ich hänge einen Lappen in den Dachfirst, der die Tropfen aufsaugt. Eine Art Zelt-Innenregenschirm. Daß darauf noch niemand gekommen ist!


13:30 Uhr scheint auf einmal die Sonne auf das Zelt und weckt mich aus meinen süßen Träumen. Das ist zu viel des Guten. Es wird sofort heiß im Zelt. Ich drehe eine Runde durch den Ort.


Mein Brennstoffvorrat neigt sich dem Ende zu. Im Hauswarenladen gibt es 1 Liter Brennspiritus, mit dem ich bisher gekocht habe, für 8 Fr oder eine große Gaskartusche für 19 Fr. Beides ist mir zu teuer. Im Lebensmittelladen gibt es den gleichen Brennspiritus für 3,30 Fr, schon besser! Dazu einen kleinen Rotwein und ein Stück Käse und meine Franken sind alle.

Nachdem mein Nachbar weggefahren war, reichte das WLan bis in mein Zelt und ich verbringe den Abend mit Internet ansehen. Außer mir ist nur noch eine junge Schweizerin ohne PKW auf dem Zeltplatz, die den Inn entlang radelt. Auch sie wurde zu einer Regenpause gezwungen.
Müstair ↣ Stilfs Dorf
K km 231, L 17 km, H 1260 m, R 1190 m, U 1210 m, O 2450 m
Auch diese Nacht gewittert es heftig. Das Unwetter ist kleinteiliger und die Einschläge näher. Ab 6 Uhr beginne ich mit den Aufstehvorbereitungen. 9 Uhr gehe ich los. Der Weg geht einfach nur 1250 Höhenmeter, anfangs steil, nach oben. Kurz nach mir biegt eine Wandergruppe in den Weg ein und treibt mich vor sich her. Erst nach 750 Höhenmetern gönne ich mir eine Pause und lasse sie vorbeiziehen. Ich treffe sie später noch einige Male.


Wald-Mikado
Rifairscharte
100 Meter unter der Rifairscharte mache ich nochmal Pause, weil ich ein paar Sonnenstrahlen erhaschen will. Über dem Piz Chavalatsch hängen Wolken und es ist recht kühl. Der Abstieg auf der anderen Seite geht über gut zu laufende Wiesenpfade. An der Lichtenberger Alm proben einige Leute Trompete und Schlagzeug. Für die Kühe reicht's.




Einer sät Zwietracht (im Insert, wie die Sache ausgeht).
Woanders bekommen die Kleinen ein Tretauto, hier fahren sie Bagger.

In Stilfs Dorf angekommen, frage ich im ersten Hotel, der Sonne, nach einer Übernachtung. Der Preis ist mit 135 € zwar höher als die 114 €, die ich zu Hause recherchiert hatte, aber ich schlage ein. Zum Samstag gibt es möglicherweise nicht mehr viele Alternativen. Das Zimmer "Schwalbennest" im obersten Stock hat eine super Aussicht auf den Ortler in Wolken.


Ich dusche und wasche Wäsche und finde mich Viertel vor sieben zum Aperitif auf der Terrasse ein. Das 5-Gänge-Menü ist eine Wucht! Rundum zufrieden verschwinde ich um neun auf meinem Zimmer und schlafe gleich ohne Fernsehen ein.

Stilfs Dorf ↣ Sulden
K km 246, L 15 km, H 1020 m, R 470 m, U 1120 m, O 2080 m
Für heute verspricht der Wetterbericht Sonnenschein. Ich hatte ursprünglich vor, die Etappe mit einem 1700 Höhenmeter Anstieg zu teilen und zwischendrin im Zelt zu nächtigen. Aber auch die nächste Etappe ist mit 8,5 Stunden nochmal ein Hammer. Deshalb gehe ich heute die Variante 17V nach Sulden, die auch die morgige Etappe verkürzt.


Stilfser Bergkräuter
Stilfs, vom Gegenhang gesehen
Obwohl das heute die leichtere Variante ist, sind immer noch 1000 Meter aufzusteigen, die besonders auf den steilen langen Geraden sehr schlauchen. Wenigstens verläuft der Weg fast die ganze Zeit im Waldschatten. Ich mache an einigen schönen Stellen Pause.


Auf den ersten 400 Höhenmetern lenke ich mich durch das vielfältige kulinarische Angebot des Weges ab. Abwechselnd schaufle ich mir eine Handvoll Walderdbeeren und eine Himbeeren in den Mund. Weiter oben gibt es nur noch Erdbeeren. Ab 1700 Metern Höhe dünnen auch die aus und ich kann mich wieder auf den Weg konzentrieren. Auf der anderen Talseite sehe ich aus allen Blickwinkeln das riesige Schneefeld auf dem Ortler.


Kletterstelle
Ortler
In Sulden sind noch genügend Hotels frei. Ich bin drauf und dran, mich im Hotel Bambi noch einmal mit Halbpension verwöhnen zu lassen, als ich sehe, daß der Despar noch offen hat. Das ändert alles. Ich kaufe ein, was ich für den Abend brauche, und frage im billigsten Hotel, dem Nives, nach einem Zimmer. Ich bekomme im Keller einen schmalen Schlauch von einem Vierbettzimmer für mich alleine. Auf der Hausrückseite ist der Keller immer noch so hoch, daß ich das Fenster offen stehen lassen kann, ohne daß Ungeziefer hereinkommt.

Sulden ↣ Zufallhütte.
K km 257, L 11 km, H 610 m, R 920 m, U 1842 m, O 3123 m
Nachdem ich mir das Endspiel der Fußball-EM angesehen hatte, kann ich nicht einschlafen. Erst als ich das Fenster schließe, was den tosenden Bach sehr gut auf Flüsterlautstärke dämmt, finde ich etwas Schlaf.
Beim Frühstück begeistert mich die endlose Theke mit Müslis. Unter anderem mit getrockneten Erdbeeren. Ebenfalls beeindruckend ist die Anzahl der angebotenen Säfte. Ich esse mich satt und ziehe los.


Das Hotel am Morgen
Holzadler Horst im Holz-Horst
So vollgefressen ist es natürlich schwierig, die 1200 Höhenmeter zu machen. Ich nehme den Lift und schon sind es 700 weniger. Den Euro Rabatt für Senioren kann ich ja nicht verfallen lassen!

An der Bergstation lasse ich die Ladung des Lifts davonstürmen und gehe erstmal ein Stück nach Süden über den Rest einer eingestürzten Brücke. Mir bietet sich ein großartiges Panorama. Speziell die Schaubachhütte mit dem roten Dach liegt sehr malerisch vor den Gletscher-Überbleibseln am Ortler.

Auch danach nehme ich mir Zeit und mache ein paar Abstecher vom Haupt-Touristen-Strom. Am kleinen Spielplatz stehen zwei Holzfiguren und ein beweglicher Schlitz, mit dem man sich die Namen der Berge anzeigen lassen kann. Der Ortler ist wirklich der ganz rechts, wie ich schon tags zuvor vermutet hatte. An der Madritschhütte ist mir zu viel Betrieb, ich sehe sie mir nur von außen an.


Mehr Holzfiguren
Madritschhütte
Ich teste, ob ich am Rand der ebenen Fläche südlich der Schotterpiste Richtung Madritschspitze vorankomme, versinke aber häufig im durchtränkten Boden. Am Ende gehe ich wie alle anderen, die nicht nur bis zur Madritschhütte wollten, die Schotter-Rampe.


Der Hauptweg auf der Geröll-Rampe
Ebene vor der Madritschspitze
Zwischen Madritschhütte und Madritschjoch liegen noch einige Schneefelder, die ich größtenteils umgehen kann. Die auf 3020 Metern links von der Hauptroute abzweigende Piste bringt mich schneefrei sehr weit hoch. Lediglich zum Paß muß ich waagerecht noch ein Schneefeld queren.


Gletscher-Hahnenfuß
Madritschjoch am Horizont
Mit 3123 Metern habe ich am Madritschjoch den höchsten Punkt der Wanderung erreicht. Ich habe eine wunderbare Aussicht und kann in der Ferne sogar schon mein Tagesziel sehen, die Zufallhütte. Wenn Sonne auf sie fällt, leuchtet sie hell. Auch der Wasserfall rechts daneben ist in voller Länge zu erkennen.

Bis zum Joch kommen viele Tagesausflügler mit, beim Abstieg auf der anderen Seite bin ich alleine. Ich genieße die Einsamkeit und lege mich für eine Stunde ins Gras. Erst dann kommen einzeln oder in kleinen Gruppen Alpinisten (mit Eispickeln am Rucksack) von ihren Touren zurück, die ich in der Hütte später nicht wiederfinde. Die meisten bemerken mich nicht.


Rückblick zum Madritschjoch
Zufallhütte mit Wasserfall
In der Hütte bekomme ich einen Platz im Lager 1, wie die mit mir angekommenen Monika und Easy, die auch den Abendbrottisch mit mir teilen. Ich sehe auch zum ersten Mal jemanden, der den Bodensee-Gardasee-Wanderführer dabei hat. Klaus ist 2 Tage nach mir gestartet und hat noch keinen Ruhetag gebraucht. Auch die Gruppe, die mich am Sonnabend den Berg hoch gescheucht hatte, sitzt hinter mir am Tisch und erweisen sich als Geher dieser Tour. Außerdem machen Laurin und Meike die Wanderung bis Malé und haben ebenfalls das Buch dabei. An diesem Abend unterhalte ich mich bis Zapfenstreich und komme nicht zum Blog schreiben.

Zufallhütte ↣ Rifugio Dorigoni
K km 266, L 9 km, H 820 m, R 640 m, U 2220 m, O 2965 m


Heute mal eine kurze Etappe mit weniger als einem Kilometer Anstieg. Die Paßhöhe ist 200 Meter geringer als gestern, ich erwarte trotzdem noch Schneefelder. Die einzige kurze Pause mache ich, bevor es nach der langen Hangquerung an den Aufstieg geht. Über den ersten Zufluß des Hochkaserbachs komme ich trocken drüber. Am zweiten Zufluß sucht die Gruppe vor mir schon eine Weile nach einer Überquerungsmöglichkeit. Die Schneebrücke am Anfang der Schlucht ist auf jeden Fall keine Option. Die steht kurz vor dem Einsturz. Ich überquere die ersten beiden Bach-Arme in Schuhen, ziehe für den dritten Arm dann doch lieber die Schuhe aus, um mir kein Wasser einzufangen. Laurin und Meike, die nach mir kommen, stürmen da drüber, als wenn es keinen Bach gäbe. Auch Klaus, der sich ein kurzes Stück verlaufen hatte, holt mich ein und ich kann mit allen bergauf nicht lange mithalten.


Suchen der Passage am Hochkaserbach
Hochkaserbach von oben


Der erste namenlose See lädt zum Baden ein,
der nächste, 500 Meter weiter, eher nicht.
Anfangs versuche ich noch, den Schneefeldern auszuweichen. Ein hoffnungsloses Unterfangen. Der letzte Kilometer ist komplett schneebedeckt. Ich kämpfe mich über ein durchgehendes Schneefeld aus dem letzten Talkessel bis zum Paß.


Weg zum Sallentjoch
Blick zurück vom Sallentjoch
Die andere Seite ist steiler und hat weniger Schnee. Im Eiltempo düse ich nach unten zur Hütte. Dort sind alle Bodensee-Gardasee-Wanderer schon versammelt.

Die Hütte ist fast voll und ich muß warten, bis sich ein Bett für mich im Schlafsaal findet. Ich habe die Sprachgrenze überquert, ab jetzt ist Italienisch die Hauptsprache. Die Chefin, die auch deutsch und englisch spricht, kümmert sich sehr um ihre Gäste. Nach dem Abendbrot verkündet sie den Wetterbericht und gibt Losgehtips für die Gletschergeher und die anderen. Auch die Frühstückszeit wird dementsprechend angepaßt. Eine beeindruckende Frau!
Funknetz gibt es keines. Für 5 € kann man sich Starnet-Internet kaufen. So wichtig ist mir Internet heute nicht.

Rifugio Dorigoni ↣ Malé
K km 288, L 22 km, H 110 m, R 1810 m, O 2436 m, U 738 m
Das Frühstück ist für italienische Verhältnisse noch sehr gut. Auf dem Tisch stehen Brot und Marmeladen, Schinken, Käse, Joghurt und Kaffee bekommt man gebracht. Klaus, Laurin, Meike und ich gehen zeitgleich los, aber die letzten beiden stürmen voran, daß ich nicht mithalten kann. Als ich die erste Rast mache, zieht auch Klaus an mir vorbei.


Abstieg von der Hütte
Blick zurück
Die heutige Etappe ist 22 Kilometer lang und geht fast nur abwärts, 1800 Meter, die ganze Zeit am selben Bach lang, der immer tosender wird. Ich beschließe, mir die Kräfte gut einzuteilen, und mache einige Pausen. Es gibt viele schöne Gelegenheiten dazu.


Kobra
Centro Visita Stablét
Als ich am Centro Visita Stablét raste, kommt jemand auf einem Quad angefahren, der einen Schlüssel zu den Räumen hat. Ich bin leider schon fertig mit meiner Pause und warte nicht ab, bis er das Museum aufsperrt. Weiter unten wird die Sonne drückender und die Gegend vornehmer. Nach Rabbi bringen Busse große Mengen an Tagestouristen, danach wird es wieder ruhiger.


Holzmauer
Rabbi
Die ganze Tour ist bisher ohne Landstraßenlatscherei ausgekommen. Ich vermute, das ist die naturnächste Wegführung von allen Alpenüberquerungen, die ich bisher unternommen habe, Respekt! Damit das so bleibt, macht der Weg einen Schlenker nach San Bernardo. Hätte ich vorher auf die Karte gesehen, hätte ich mir diesen 100 Meter Anstieg vermutlich gespart, denn gleich danach geht es wieder abwärts zur Straße zurück. Für 2 Kilometer läßt sich jetzt die Hauptstraße nicht mehr vermeiden.


Dieses Edelweiß finde sogar ich!
Nebenstrasse bei San Bernardo
Für Malé hatte ich mir zu Hause ein Hotel ausgesucht, das Henriette. Dort gibt es laut Hotelwebseite ein Zimmer mit Halbpension für 60 €. Auf booking.com ist es aktuell nicht vertreten, dort fangen die Hotels bei 152 € an. Ich gehe also zielstrebig zum Hotel und bekomme ein Zimmer für 75 € mit Halbpension. Ich bleibe zwei Tage.

Das Hotel ist ein Familienhotel, wie ich beim Abendbrot feststelle. Schon etwas abgewohnt, aber mit Charme. Die Betreiberin und ihr Mädels-Team kümmern sich sehr engagiert um die Gäste. Auch das Essen ist sehr gut.

Der Fernseher empfängt nach dem Einschalten das Antennensignal mit ausschließlich italienischsprachigen Sendern. Wenn man aber die Quelle von ANT auf SAT umschaltet, bekommt man auch deutsche Sender. So kann ich nach dem Essen wenigstens noch mal die Nachrichten checken.
Malé
Nach dem Frühstück gehe ich gleich über den Hof zur Touristeninfo und lasse mir von der netten jungen Frau erklären, was es im Ort zu sehen gibt. Sie empfiehlt mir mehrere Museen, eine alte Schmiede und die Sammlung von Sonnenuhren im Nachbarort. Auf der Karte entdecke ich einen Planetenweg in Malé. Da habe ich für heute genug zu tun.
Gegen 11 Uhr wandere ich in sengender Hitze den Fahrradweg ins 3 Kilometer entfernte Monclassico entlang. Laut der Frau in der Info gibt es dort mehr als 50 Sonnenuhren zu sehen und jedes Jahr kommen 5 dazu. Nachdem ich die ersten entdeckt habe, will ich die Suche systematisch angehen. Ich frage im Holiday Hotel, ob es vielleicht einen Flyer gibt, der alle verzeichnet. Ich bekomme einen und die Jagd ist eröffnet. Ich finde eine ganze Menge. Der Meridiankreis war leider abgeschlossen und von außen ließ sich im grellen Sonnenlicht nichts erkennen.












































Rückzu will ich den Bus nehmen, der gerade in diesem Moment an der Haltestelle an der Kirche abfahren soll. Ich warte 10 Minuten, der Bus mit "Malé" in der Anzeige kommt gefahren, ich erhebe mich von der Bank, falte die Karte zusammen, nehme Blickkontakt zum Fahrer auf und gehe ein paar Schritte Richtung Straße. Der Bus fährt vorbei. Hinterherwinken hilft auch nicht. Der nimmt wahrscheinlich nur gute Bekannte mit.


Also wandere ich den gleichen Weg wieder zurück. Gerade als ich am Ufer des Torrente Noce ankomme, bringen zwei Busse schon fertig in Neopren gekleidete und behelmte Schulklassen und ein Hänger mit 10 Rafting-Booten wird in aller Eile abgeladen. Nachdem ich schon ein Stück gekommen bin, höre ich sie kreischend und quiekend den reißenden Fluß herunterfahren.

Auf dem Kirchplatz in Malé wurde gestern der Etappen-Zielpunkt eines Transalp-Radrennens aufgebaut. Heute trudeln dort unablässig Radfahrer ein und werden von einem Kommentator begrüßt. Ich finde noch den Anfang des Planetenwegs, die Sonne, ziehe mich dann aber ins Hotel zurück und wasche Wäsche. Nach dem Duschen ist noch Zeit, einen Abstecher in den Hotel-Pool zu machen. Eine etwas surreale Erfahrung, so eine Wellnessgrotte.
Malé ↣ Bivacco "Mario Gregori" al Mezol
K km 293, L 5 km, H 800 m, R 50 m, U 730 m, O 1485 m
Nach einem Ruhetag kostet es mehr Anstrengung als üblich, loszugehen. Für heute sind Gewitter angesagt und größere Regenmengen als für die letzten Tage. So gesehen war es dumm von mir, den Ruhetag gestern zu verwenden.




Ich mache zwei Pausen und nehme mir vor, in der dritten Pause am Bivacco Mezol einen Schokopudding zu kochen. Davon habe ich noch drei mit. Das Biwak ist auf der Rückseite des verschlossenen Rifugio Mezol. Es gibt Wasser von einem Brunnen und aus dem Wasserhahn der Spüle. Es ist niemand weiter da und ich finde es einen schönen Platz zum Übernachten, auch wenn ich dadurch heute nur eine halbe, kurze Etappe mache. Leider ist der Raum recht schmutzig. Die dreckige Spüle steht voll mit unabgewaschenem Geschirr. Ich mache erst mal Budenschwung, klopfe die Matratzen aus, wasche ab, sortiere ekligen Müll aus den Schränken, putze die Spüle und fege aus. Schon besser.


Die letzten Einträge im Hüttenbuch sind vor 3 Tagen geschrieben worden. Die letzten Ausländer waren Joni & Minni aus Dresden am 12.8.2023 und 6 Tage später Adrian aus Deutschland. Davor nochmal Clemens & Adrian aus Dresden am 4.9.2018. Hubert ist am 5.9.2022 der Erste, der als Ziel Riva/Gardasee schreibt, möglicherweise schon auf dieser Route. Einen Eintrag der Wanderführerautorin finde ich nicht.

Nach dem Schokopudding warte ich auf das Gewitter. Es donnert ab und zu, aber erst gegen 15 Uhr regnet es ein wenig. Ich hätte das originale Etappenziel noch trocken erreicht. Zwei Radfahrer stellen sich kurz unter. Ich frage sie, ob sie vom Transalp-Rennen sind, das am Morgen wieder mit viel Lärm gestartet war, aber sie machen nur eine Brentaumrundung.
Statt eines warmen Abendessens gönne ich mir einen Käse, der schon ordentlich müffelt und einen Drittelliter Wein vom Vortag.
Bivacco "Mario Gregori" al Mezol ↣ Bivacco Malga Tuena
K km 307, L 14 km, H 800 m, R 550 m, O 2072 m, U 1740 m
Um eins wache ich auf. Zu den Halsschmerzen, die mich seit gestern quälen, ist eine verschnupfte Nase dazugekommen. Ich habe eine Erkältung? Das hatte ich im Urlaub noch nie!
Ich frühstücke und bin halb neun abmarschbereit. Die 500 Höhenmeter bis zum Rifugio Peller gehe ich in einem Stück, hauptsächlich weil ich keinen schönen Rastplatz finde. Es ist alles stark verkrautet und naß. Ziemlich am Anfang kommen mir zehn Reiter entgegen. Es ist unglaublich, wie die den Weg ruinieren. Der schmale Pfad wird komplett zu Matsch gestampft.


Für Fährtensucher: Hier sind kürzlich 10 Pferde durchgekommen.
Erste Rast am Rifugio Peller
Den Monte Peller lasse ich aus und gehe stattdessen die Umrundung auf Beton- und Wirtschaftswegen. Das wäre langweilig, wenn nicht der Ausblick so schön wäre. Nachdem ich wieder auf die Hauptroute gekommen bin, biegt diese durch ein zunächst flaches Tal durch die Bergkette ab.


Eingang zum Val Formiga hinter dem Pferch
Val Formiga geradeaus
Ich hatte dem Höhenprofil des Rother entnommen, daß es die ganze Zeit gerade oder bergab geht. In Wirklichkeit geht es gefühlt die ganze Zeit bergauf. Zum Beispiel verliert man beim steilen Abstieg vom Passo di Val Formiga 150 Höhenmeter, die man beim anschließenden Queren gleich wieder gewinnt. Es geht am steilen Hang dauernd hoch und runter. Dabei muß ich über Stunden aufpassen, mir keinen Fehltritt zu leisten. Wirklich eine anspruchsvolle Etappe!


Wie an den Tagen zuvor waren Gewitter angesagt, die glücklicherweise nicht kamen.

Weil das Hotel am Lago Rosso am Sonnabend voll sein könnte, frage ich an der Malga Tuena nach einem Quartier. Ich frage nach einem freien Bett und bekomme zur Antwort, daß es keine freien Betten gibt, weil die Übernachtung im Biwak was kostet. Nachdem ich der Frau versichert habe, daß ich was zahlen würde, verrät sie mir, daß noch was frei ist. Im 12er Schlafraum unter dem Dach sind wir zu fünft.
Gemessen am geringeren Komfort als eine Alpenvereinshütte finde ich den Preis von 65 € für Halbpension happig. Der L-förmige Schlafraum hat 6 Doppelstockbetten, keinen einzigen Haken an den Wänden und nur ein winziges Fenster, das in der Nacht geschlossen und zugehängt ist. Am Ende mit dem Fenster schlafen Bekannte der Wirtsleute, die offenbar nichts bezahlen. Den einzigen Stuhl habe ich okkupiert, um darauf meinen Kram abzulegen. Es gibt keinen Schuhtrockenraum. Schuhe soll man vor dem Schlafraum auf dem oberen Ende der Leiter abstellen. Das Dach steht zwar etwas über, aber bei schrägem Regen oder Tau werden sie naß. Tatsächlich sind die Socken in den Schuhen am Morgen feucht. Es gibt keinen Aufenthaltsraum. Man sitzt die ganze Zeit draußen, wo es auf 1700 Metern Höhe empfindlich kalt wird. Eine Toilette mit Waschbecken ist ständig abgeschlossen. Man muß irgend jemanden nach dem Schlüssel fragen, auch wenn man nur Zähne putzen will.

Als ersten Gang des Abendessens gibt es Risotto mit Pilzen, nicht mein Lieblingsgericht. Ich frage, ob ich stattdessen Bratkartoffeln mit Spiegelei bekommen kann. Ja, das geht. Ich bekomme eine große Portion davon und bin satt. Hinterher noch einen Apfelstrudel, den die Chefin gebacken hat. Am Essen gibt es nichts zu meckern.

Ich ziehe mich sofort danach in mein Bett zurück, denn mir ist kalt und ich will etwas Schlaf erhaschen, bevor die anderen kommen. Ein wenig gelingt mir das vermutlich, danach herrscht ein Gleichgewicht des Schreckens: Mein Gehuste und Geschnaube weckt alle auf. Aus der Ecke des Bikers und seiner Sozia ertönt Geschnarche, das mich nicht wieder einschlafen läßt. In der anderen Ecke schnarcht es ebenfalls und jemand muß dauernd trinken und dann auf Klo.
Malga Tuena ↣ Rifugio Tuckett
K km 324, L 17 km, H 1150 m, R 620 m, U 1400 m, O 2437 m
Weil ich Frühstück um sieben bestellt hatte, muß ich als Erster aufstehen. Ich bekomme ein Käseomelett und starte satt in den Tag. Beim Bezahlen frage ich, ob sie Rabatt auf den Alpenvereinsausweis geben. Tun sie nicht, aber die Frau streicht mein eines Bier von der Rechnung. Sehr nett, danke!
Ich packe im Stockdunklen zusammen und ziehe los. Weil ich nicht mehr die Notwendigkeit habe, zum See hinunterzugehen, nehme ich den in OSM blau gezeichneten Pfad, der auch in Realität blau markiert ist. Der Einstieg ist noch unmarkiert über eine Wiese, danach ist er gut zu verfolgen. Der schmale Pfad ist quasi die Fortsetzung der gestrigen Hangquerung. Er ist sehr schön und gut zu gehen. Nur drei umgestürzte Bäume müssen an einer Stelle umklettert werden. Der Abstieg zur Hauptroute ist sogar neu mit Seilen und Krampen gesichert.


Blauer Weg
Kriechen oder klettern?


Wasserfall im Abstieg zum Talweg
Sicherungen
Ich bin mir bewußt, daß ich im Bärengebiet laufe, sehe aber nur drei Rehe und eine Kreuzotter auf dem Weg. Die kann ich wegen des schmalen, steilen Pfads nicht großzügig umgehen und bin froh, daß sie sich nicht zuckt, als ich vorsichtig auf den Stein 20 Zentimeter neben ihr trete.


Kreuzotter
Ein markantes Plateau thront über der Hochfläche.
Als ich auf der Route des Rother herauskomme, freue ich mich, mal wieder auf einem breiten Fahrweg zu gehen, bei dem man nicht jeden Schritt abwägen muß. An der Malga Pozzol biege ich in den falschen Pfad ein, weil ich dachte, ich muß an der Malga Flavona vorbeikommen. Ich wollte mir ursprünglich die Biwaks der beiden Malgas ansehen, hatte dann aber beschlossen, weiterzugehen. Kein Beinbruch, nach der Malga Flavona geht der Weg sehr schön durch eine Karsthochfläche. Die stark zerklüfteten Spitzen der Berge erscheinen heute zum ersten Mal aus ihrem mysteriösen Schleier.

Kurz vor Erreichen des Höhenweges erwischt mich das erste Gewitter. Ich setze mich unter den schmalen Überhang eines kleinen Felsens und bleibe trocken. Danach scheint wieder die Sonne, doch die Freude ist von kurzer Dauer. Das nächste Gewitter erwischt mich mit Hagel, bevor ich einen Unterstand finde. Der anschließende Höhenwanderweg ist phantastisch! Ich habe unzählige tolle Felsformationen im Blick.


Das schmale Plateau von der Seite
Kammweg


Felsterrassen
Weg zum Passo del Grostè
Als ich am Rifugio Steppani al Grostè ankomme, donnert es schon wieder. Das Rifugio sieht leer aus, nur eine Familie sitzt im Restaurant. Ich frage die dicke Frau, die mit einem Laptop mit der Buchungsseite am Stammtisch sitzt, nach einem Zimmer. Alles ausgebucht, antwortet sie mit breitem Grinsen und schickt mich in das Gewitter zurück. Das so ein großes Haus keine Möglichkeit hat, einen einzelnen Wanderer unterzubringen, unfaßbar!

Das Rifugio Tuckett ist anderthalb Stunden entfernt. Den ganzen Weg bis dahin rumpeln Blitze im 5-Sekundentakt, aber es bleibt trocken. Für ein kurzes Stück komme ich im dichten Nebel vom Weg ab, finde ihn dank GPS aber schnell wieder.


Das Rifugio ist voll, ich soll gleich Platz nehmen, damit ich noch was zu essen bekomme. Ich zwinge mir das Abendbrot rein, habe aber gar keinen Hunger, weil ich zu erschöpft bin. Mein Schlafsaal Nr. 24 ist fast voll belegt. Ich haue mich auf das vorletzte freie Bett, schreibe Blog und versuche zu schlafen.

Rifugio Tuckett ↣ Rifugio Al Brentei.
K km 328, L 4 km, H 150 m, R 240 m, O 2272 m, U 2043 m
Mit dem Schlafen klappt es mal wieder nicht. Ich experimentiere herum und finde eine Stellung, in der die Nase offen bleibt und ich auch nicht niesen oder husten muß: mit der Nase genau nach oben. Nur leider bin ich Seitenschläfer und finde so keinen Schlaf. Wenigstens störe ich die anderen nicht mit meinem Gebell. Zumindest, wenn sie den Schnarcher ignorieren können. Ich kann es nicht und stecke mir Stöpsel in die Ohren, durch die ich am Morgen Kopfschmerzen habe.
Weil das Rifugio Pedrotti renoviert wird und keine Übernachtungsgäste aufnimmt, laufe ich schon seit Tagen jeweils von Etappenmitte zu Etappenmitte. Da das gestern nicht geklappt hat, kann ich heute zwischen einer halben oder anderthalb Etappen wählen. Wegen des Schlafmangels entscheide ich mich für die halbe kurze Etappe.


Beim Losgehen sehe ich erst, in was für majestätische Felsen das Rifugio Tuckett eingebettet ist. Gestern war das wegen Nebel nicht zu erkennen. Der Weg geht nur aus dem einen Tal raus und in das nächste, genauso phantastische Tal hinein.


Felstürme
Talwechsel


Hohlweg mit Madonna
Mehr Felstürme
Nach zwei Stunden wandern bei Sonnenschein bin ich schon am Rifugio Al Brentei. Ich frage nach einem Bett für die Nacht und es ist noch was frei. Dann frage ich, ob ich mich gleich irgendwohin legen kann und auch das läßt sich arrangieren. Ich ziehe in mein Zimmer ein, lege mich ins Bett und döse ein paar Stunden. Richtiger Schlaf will sich nicht einstellen, trotzdem ist es erholsam.


Val Brenta
Rifugio al Brentai
Für meine verstopfte Nase will ich mir etwas Salzlösung herstellen. Ich habe drei kleine Fläschchen mit: Das heilige Bodenseewasser, eines mit Salz und eines mit dem Originalinhalt, Berentzen Apfelschnaps. Das Bodenseefläschchen kann ich für so profane Dinge nicht opfern. Also trinke ich erst den Schnaps aus, der eigentlich für Notfälle ganz anderer Art gedacht war, und mixe darin dann Salz und Wasser. Die Mischung feuert ordentlich im Rachen.
Die SD-Karte in meiner Kamera sagt "Lesefehler", auch nach wieder neu einstecken. Nach meiner Erfahrung bedeutet das, daß sie sich in ein funktionsloses Stück Plastik verwandelt hat und alle Bilder futsch sind. Ich bin frustriert. Ab jetzt gibt es nur noch Handybilder.
[Nachtrag: Glücklicherweise wurde es nicht so schlimm wie erwartet. Nur einige wenige Bilder hatten 0 Byte oder sehr kleine Größen. Der Rest war normal lesbar. Vielleicht war das eine Folge davon, daß ich von nur JPEG auf RAW+JPEG umgestellt hatte und mehr auf die Karte zu schreiben war?]

Rifugio Al Brentai ↣ Rifugio Silvio Agostini
K km 337, L 9 km, H 780 m, R 550 m, U 2182 m, O 2491 m
Nach dem Aufwachen sehe ich durch das Fenster am Fußende den engen Paß Bocca di Brento und darüber Wolken mit kleinen blauen Löchern darin. Als ich losgehe, ist von Wolkenlöchern keine Rede mehr und die Wolken sinken herab und verhüllen mehr und mehr.


Kirche nahe der Hütte
Weg zur Bocca di Brenta
Den Weg zur Scharte kann man weit einsehen, nur wie man da hochkommt, sieht man noch nicht. Wenn man am großen Schneefeld angekommen ist, gibt es zwei Optionen: Sich links einen Schotterhang hinaufkämpfen oder, viel besser, geradeaus in schöner, gut abgesicherter Kraxelei durch die Felswand aufsteigen. Ich wähle die zweite Option.


Zwei Wege zur Bocca di Brenta: Links die Schotter-Rampe oder rechts die Felswand.
Aufstieg in der Felswand


Letztes Schneefeld
Bocca di Brenta

Es sind viele Menschen unterwegs. Häufig werde ich überholt oder überhole selbst. Das Rifugio Pedrotti ist für Tagesbesucher geöffnet, obwohl der Umbau läuft. Ich verschnaufe auf der Bank vor der Kirche, wo ich meine Ruhe habe.


Der Weg ist gut zu gehen und einige Stellen sind mit Seilen abgesichert. An einer Stelle führt die Sicherung direkt in den Spalt zwischen Schneefeld und Fels und endet dort. Wie weiter? Alte Fußspuren auf dem Schneefeld zeigen, daß es früher einfach überquert wurde. Da kommt man nur nicht mehr hin. Unter dem Schneefeld ist nicht viel Platz. Ich setze den Rucksack ab, quetsche mich da durch bis zur anderen Seite und schleife den Rucksack Stück für Stück hinter mir her. Die nach mir kommen, brauchen auch lange, um die Stelle zu erkunden, und überklettern sie am Schluß.


Der Nebel wird dichter und es beginnt zu regnen. Knapp vor dem Rifugio Silvio Agostino kommt mir eine große Gruppe Italiener entgegen. Einer fragt mich, ob das der Weg zum Rifugio Al Cacciatore ist. Ich sage ihnen, daß sie falsch sind. Sie haben den Abzweig am Wegweiser 30 Meter vorher verpaßt. Es beginnt eine große Diskussion mit ausgiebigem Kartenstudium. Wer glaubt schon einem Ausländer? Ich schleiche mich davon.
Weil so viele Menschen unterwegs sind, will ich schon am Rifugio Silvio Agostino nach einem Bett fragen und nicht erst im eigentlichen Etappenziel Rifugio Al Cacciatore. So habe ich doppelte Chancen bei beiden recht kleinen Hütten. Ich komme im ersten Rifugio unter und muß dafür morgen noch anderthalb Stunden länger gehen.

Am Abendbrottisch sitze ich mit einem Paar aus Amsterdam zusammen, die hier zum ersten Mal einen Klettersteig gehen. Wie bisher alle Holländer, denen ich damit gekommen bin, haben sie noch nie von Bettie Serveert gehört. Ich dachte, die wären eine lokale Größe dort, wie bei uns die Puhdys. Als sie hören, daß meine letzte Station Verona ist, empfehlen sie mir ebenfalls die Arena. Die Tickets für die Steinbänke sollen nicht teuer sein. Ich werde das wohl wirklich tun müssen. Die beiden zeigen mir die Videos, wie sie über das Schneefeld gekommen sind: Auf die gleiche Weise untendurch wie ich, sogar mit aufgesetztem Rucksack. Sehr lustig!
Rifugio Silvio Agostino ↣ Ponte Arche
K km 349, L 12 km, H 130 m, R 2130 m, O 2410 m, U 407 m

Geweckt werde ich 6:30 Uhr vom Scharren der Steigeisen und Karabiner, die unter einem Bett hervorgezogen werden. Nach dem Frühstück herrscht große Aufbruchsstimmung. Alle gehen nach oben, ihren Gletschern und Klettersteigen entgegen. Ich gehe nach unten, habe eine Mission zu erfüllen und ein Fläschchen Wasser im Gardasee abzuliefern. Es ist ein trauriger Abschied von dieser traumhaften Kulisse in schönstem Sonnenschein. Dabei habe ich ja noch 3 Tage bis zum Gardasee zu wandern, nur eben in der Welt der Grashügel.

Ich bin sehr froh, in der oberen Hütte übernachtet zu haben, denn das Rifugio Cacciatore kommt an deren Ambiente bei weitem nicht heran.

Gegen 10 Uhr liegen die Gipfel schon wieder in den Wolken. Ich gehe heute wieder mal die Variante des Wanderführers, auch ein sehr schöner Fußweg durch Wiesen und Wälder, und nicht etwa nur der Fahrweg zu den Hütten.



Ziel ist es, nach Ponte Arche zu kommen. Dort ist das Hotelangebot größer als im offiziellen Etappenziel Stenico. Ich bin in meiner internen Planung einen Tag zu früh und könnte nochmal einen Ruhetag einlegen. Weil ich den Schlenker über Stenico nicht laufen muß, suche ich mir selber eine Route, die etwas geradliniger verläuft. Bis auf einen 50 Meter Anstieg geht es die ganze Zeit abwärts.

An einer Stelle mündet der Wanderweg in eine extrem steile Betonpiste. Genau dort steht eine Bank, auf der ich Rast mache. Während ich da sitze, kämpft sich ein Fahrzeug die Piste hoch. Ich frage mich die ganze Zeit, warum es nicht umkippt. Diesen Mut hätte ich nicht.


Zu Hause hatte ich das Hotel Bel Sit herausgesucht, weil es billig war und bei booking.com alle Zimmer Balkon hatten. Sie haben für mich noch ein Doppelzimmer, allerdings ohne Balkon und mit Fenstern zur sehr lauten Straße hin. Ich zahle 90 € für zwei Nächte. Im Fernsehen kommt wie gehabt nur Italienisches, ohne Satellitenempfang. Weil sich der Fernseher bei jedem Betreten des Raumes einschaltet, ziehe ich gleich mal den Stecker.

Ich bin heute 100 Meter auf- und 2100 Meter abgestiegen und habe keine Schmerzen. Der Weg war allerdings auch fast komplett ohne feste Beläge und abwechslungsreich zu laufen. Meine schweren Bergschuhe passen diesmal wie angegossen und haben auf bisher 2 Alpenquerungen noch nicht eine Blase erzeugt.
Ponte Arche
Am Frühstücksbuffet gab es eine große Auswahl an Kuchen und Obst, deshalb frühstücke ich mal süß. Heute passiert nicht viel. Ich kaufe bei Herrn Wang eine neue SD-Karte für die Kamera. Den Laden entdecke ich erst auf dem Rückweg, weil das Haus eingerüstet ist.
Ponte Arche hat nicht viel zu bieten. 3 Straßen gehen von einer Kreuzung ab, an einer davon ein paar Läden, 3 Supermärkte, das war's auch schon. Den Rest des Tages liege ich im Liegestuhl im Garten, bis mich die Tigermücken vertreiben. Was war gleich an denen gefährlich? Einige Stiche habe ich abbekommen.

Ich putze mein Silber und wasche alle Wäsche. Vielleicht kann ich mir so in Verona das Waschen der Hose sparen und mich höheren Dingen widmen. ;-)

Ponte Arche ↣ Rifugio San Pietro
K km 364, L 15 km, H 600 m, R 40 m, U 407 m, O 974 m

Auf zum letzten Rifugio! Heute läßt sich Asphalt mal nicht vermeiden. Trotzdem ist die einsame Straße in ein langes Tal hinein sehr angenehm zu laufen. In der Nähe der Ortschaften ist sie gesäumt von Obstplantagen, weiter hinten im Tal von Feldern und Wiesen.


An der Chiesa di San Lorenzo mache ich kurz Rast.
Immer wieder schiebt sich die beeindruckende Flanke des Monte Misone ins Bild.
Zu Beginn konnte sich das Wetter nicht entscheiden, ob es losregnet oder nicht. Danach wurde es wieder warm und sonnig. Einige Autos wollen ins Kletter- und Bouldergebiet. Nach dem beginnt der heutige Anstieg im schattigen Wald. Ich mache ein paarmal Rast auf Bänken und die letzte Rast an einer schönen Stelle im Wald ohne nervige Insekten. Bei der überholen mich zwei Frauen mit großen Rucksäcken, ohne mich zu bemerken. Ich sehe sie leider nicht wieder.

14:30 Uhr bin ich schon am Etappenziel, dem Rifugio San Pietro und habe das erste Mal einen phantastischen Blick auf den Gardasee. Da muß ich morgen nur noch runter. Über eine schwarze Route in den Bergen am rechten Bildrand.

Ich frage nach einer Übernachtungsmöglichkeit und die Bedienung muß erst lange mit ihrem Chef telefonieren. Zu meiner Erleichterung ist das möglich, das Zimmer muß nur noch gemacht werden. Es übernachten hier nicht zu viel, sondern zu wenig Wanderer. Heute Abend mit mir fünf. Es besteht die letzte Chance, Wanderer zu treffen, die meine Tour gegangen sind. Bodensee ist auf italienisch übrigens der Lago di Costanza, der Konstanzer See.

Ich setze mich auf die Terrasse, trinke ein Bier und genieße die Aussicht. Tatsächlich kommen noch zwei Herren aus Franken, die sich an den Tisch hinter mir setzen, so daß ich unschwer hören kann, daß auch sie nach meinem Wanderführer gelaufen sind. Sie waren schneller als ich, weshalb sie mich eingeholt haben. Leider sind sie sehr überzeugt von sich selbst und der jüngere sabbelt ohne Punkt und Komma unentwegt belanglose Dinge, so daß ich mich lieber nicht als Bodensee-Gardasee-Wanderer zu erkennen gebe. Ich genieße weiterhin die unglaubliche Aussicht auf den Gardasee.
Heute wird gegrillt. Als Halbpension-Bucher können wir uns aussuchen, was wir wollen, inklusive die "Von allem etwas"-Platte. Ich wähle Hühnchen und werde sehr satt.

Mein Zimmer ist spartanisch eingerichtet wie eine Mönchszelle, nur die Bettdecke ist ausreichend für -20°. Um drei wache ich trotz offenem Fenster und 950 Metern Höhe schweißüberströmt auf und muß mir im Korridor erstmal eine dünne Decke holen.
Rifugio San Pietro ↣ Riva del Garda
K km 376, L 12 km, H 310 m, R 1220 m, O 974 m, U 65 m
Zum Frühstück gibt es angetoastete Brötchen mit Butter und Marmelade und eine Ecke selbstgebackenen Kuchen. Alles lecker, wird von mir bis auf den letzten Krümel verputzt.

Auch für den letzten Tag hat sich die Bettina noch einen schönen Weg herausgesucht. Durch das sehr schöne organisch gewachsene und unverfälschte Oberdorf von Canale geht der Weg bergab und auf der anderen Talseite wieder nach oben.


Ich bin noch vor den beiden anderen Bodensee-Gardasee-Wanderern unterwegs und sammle auf schmalen Wegen viele Kreuzspinnen ein. Den im Buch als schönere Alternative zur Landstraße beschriebenen Weg über den Tunnel gehe ich ein Stück, bis ich aus dem Schatten trete. Dort ist der Weg einfach nur dichte Brombeerhecke und ohne Machete bin ich verloren. Ich gehe zurück. In Campi nutze ich die Bank an der Kreuzung für eine erste Rast. Es ist heiß und der Schweiß fließt in Strömen.

Danach geht es fast nur noch nach unten. Stellenweise ist der Weg ausgesetzt und ich muß höllisch aufpassen, nicht jetzt schon in den Urlaubsmodus zu schalten. Das hatte mir letztes Jahr ein Triangel in der Hose eingebracht.


Dann ist der Gardasee wieder zu sehen. Kehre um Kehre nähert man sich Riva beim Abstieg von der Bastione immer weiter an. Bis dahin war ich völlig allein unterwegs. Unten dann SO VIELE MENSCHEN!


Letzte Serpentinen
Dächer von Riva del Garda
Im Europa Hotel, dem ersten, an dem ich vorbeikomme, frage ich nach einem Zimmer für 2 Nächte. Nur eine Nacht ginge und die käme 240 €. Die beiden nächsten Hotels sind ausgebucht. Ich gehe zur Touri-Info und frage die Frau, ob sie mir etwas heraussuchen kann. Sie findet 3 Angebote: eines im Nachbarort, eines für 320 € und eines für 138 €. Das letzte klingt doch vernünftig. Ich rufe dort an und reserviere das.


Anleger in Riva del Garda
Skulptur von Osvaldo Bruschetti
Das Hotel La Perla ist einen knappen Kilometer entfernt. Ich spreche dort vor und bekomme das Zimmer sogar mit Rabatt für 89 € für 2 Tage. Es hat alles, was ich brauche (OK, ein Kühlschrank wäre schön), sogar eine kleine Dachterrasse, die abends im Schatten liegt.

Ich binde das Fläschchen mit Bodenseewasser von meinem Rucksack, das mich seit einem Monat begleitet hat. Niemand hat darin übrigens ein Zeichen gesehen. Bis zum Strand sind es nur 100 Meter. Trotzdem ist es schwierig, zwischen all den dichtgedrängten Leibern einen Platz zu finden, an dem ich das Ritual ungestört vollziehen kann. Ich entscheide mich für eine kleine Brücke. Von dort gieße ich den Inhalt des Fläschchens in den Gardasee.


Zunächst passiert nichts. Zumindest nichts so Spektakuläres, wie man aus dem Chemieunterricht kennt, wo alles violett wird oder raucht. Oder aus dem Kurt Vonnegut Roman, wo ein kleiner Splitter Eis 9 alles Wasser der Welt daran kristallisieren läßt. Nichts dergleichen.
Dann freue ich mich, daß ich etwas offensichtlich Unsinniges ordentlich zu Ende gebracht habe. Ich bin glücklich.
Riva del Garda
Ich frühstücke spät, kaufe mir Sandalen, damit ich die schweren Bergschuhe wegpacken kann, sehe mir im Stadtmuseum historische Fotografien an, stromer etwas durch den Ort und verbringe den Rest des Tages mit Olympia gucken.




Giovanni Skulinas Fotostudio in Riva del Garda
Giovanni Skulina: Kolonialwarenladen




Riva del Garda ↣ Verona
Um nach Verona zu kommen, fahre ich mit dem Bus den kompletten Gardasee entlang bis nach Garda. Wenn ich einen Badeurlaub machen wollte, würde ich mir einen Ort an der Ostküste suchen, hier hat man wesentlich mehr Strand für sich als in Riva.


Mit einem zweiten Bus erreiche ich 14 Uhr Verona und checke in meinem schon von zu Hause gebuchten Hotel ein.

Mein Zimmer schaut auf einen sehr lauten Platz und hat Fenster nach Süden und Westen. Bei der Hitze muß ich abends die Rollos geschlossen halten, bis die Sonne untergeht. Die Klimaanlage geht nicht oder ich bin zu doof, sie einzustellen. Ich hatte mich ja schon häufig über 1000 italienische Sender im Fernseher aufgeregt, hier kommen nur 16, italienische. Muß ich also auf Konserven umsteigen. Ich vermisse mein letztes Zimmer.

Verona
Das Frühstücksbuffet ist ebenfalls kleiner als im letzten Hotel.
Mit in die Oper gehen ist auch nichts. In der Area wird generell nur am Ende der Woche gespielt. Die nächste Aufführung ist Aida am 1.8. für ab 32 €, da bin ich schon wieder zu Hause. Ich war gestern abend schon daran gescheitert, auf der offiziellen Webseite von Verona herauszufinden, was es an sonstiger Kultur gibt. Auch die Webseite der "Galleria d'Arte Moderna Achille Forti" ist nicht besser. Man erfährt weder, was sie aktuell zeigen, noch wo die Galerie liegt. In die Seite ist zwar ein Kartenschnipsel eingebettet, aber mit 9 fetten Markern drauf. Sind die in Verona zu blöd zu allem?

Ich lasse mich also in der Touristen-Info beraten, kaufe auch gleich das Busticket für morgen zum Flughafen und gehe ins Museum. Der Saal mit der Sonderausstellung ist extrem unterwältigend. Große weiße Wände, ein paar geometrische Muster und ein Spruch an der Wand, daß Kunstwerke niemals alle Geheimnisse preisgeben. Das trifft hier zu, sie geben nichts preis und interessieren mich auch nicht.
Neben ein paar schönen Stücken der Standardausstellung gibt es im Keller noch einen Raum mit witzigen Stücken zu entdecken. Unter anderem ein riesiges Hochhaus, in dessen Fenstern viele Miniaturen zu sehen sind oder Filme ablaufen. Wie im Vorspann zu "Only Murders In The Building".


Luigi Nono - Contadinello, der Erfinder des modernen Handy-Fotografierstils
Francesco Hayez - La Meditazione


Felice Casorati - La preghiera
Ettore Beraldini - I vecchi






In jedem Fenster gibt es was zu sehen, in vielen laufen Filme ab.





Dreharbeiten an der Etsch
Etsch bei Verona


Rückflug
Spätester Checkout ist 11 Uhr und ich nutze die Zeit fast aus. Das Flugzeug hebt eine Stunde verspätet ab, weil im Raum Frankfurt schwere Gewitter angesagt sind. Normalerweise würde diese Verspätung den Anschluß platzen lassen, aber vom drohenden Gewitter sind alle betroffen, so daß sich auch mein Weiterflug verschiebt.

Das war jetzt die vierte Alpenüberquerung in Folge. Nächstes Jahr muß ich mir mal was anderes aussuchen. Die Tour war ebenfalls sehr schön, auch wenn ich wegen der Schneefelder viel auf den alternativen Varianten unterwegs war und die Gegend von einigen der Fotos im Wanderführer nicht mit eigenen Augen gesehen habe.
